Wie die Digitalisierung bei der nachhaltigen Erzeugung von Lebensmitteln eingesetzt werden kann, zeigt das Aachener Start-up Nerit’e. Seine Technologie zur Analyse des aktuellen Nährstoffbedarfs von Ackerflächen soll den Schäden durch Überdüngung entgegenwirken. Die NRW.BANK fördert das Unternehmen mit dem Programm NRW.SeedCon, das im September 2022 ins Leben gerufen wurde.

Das Gründungsteam des Aachener Start-ups Nerit'e (von links): Rodrigo Martinez, Tom Leenders und Humberto Martinez.
Das Gründungsteam des Aachener Start-ups Nerit'e (von links): Rodrigo Martinez, Tom Leenders und Humberto Martinez.

„Viel hilft viel“ ist häufig ein Trugschluss – und dass die schiere Menge die besten Ergebnisse bringt, stimmt auch beim Einsatz von Düngemitteln auf landwirtschaftlichen Flächen nicht. Schätzungen zufolge werden – je nach Bodenbeschaffenheit und angebauten Pflanzen – bis zu 90 Prozent des eingesetzten Stickstoffdüngers verschwendet.

Die Überversorgung bringt gegenüber maßvoller Düngung keine Vorteile in Gestalt höherer Erträge. Die Nachteile sind dagegen immens: Überdüngung und hohe Nitratbelastungen gefährden Böden, Wasser und die biologische Vielfalt. Zu den ökologischen Schäden kommen wirtschaftliche Auswirkungen durch unbrauchbar gewordene Böden und den ineffizienten Einsatz teurer Düngemittel.

Die Analysedaten werden von einem Sensor direkt aus dem Ackerboden übermittelt.
Die Analysedaten werden von einem Sensor direkt
aus dem Ackerboden übermittelt.

Analyse vor Ort
und in Echtzeit

„Voraussetzung für eine umwelt- und ressourcenschonende Düngung ist die Nährstoffanalyse des Bodens. Auf Grundlage dieser Daten lässt sich entscheiden, wie viel Düngemittel der Acker wirklich braucht“, sagt Tom Leenders, einer der drei Gründer des Aachener Start-ups Nerit’e. Wenn bisher Böden auf Nährstoffe untersucht würden, so Leenders, geschähe dies nicht auf dem Feld, sondern meist im Labor.

Das Ergebnis der eingeschickten Proben liege häufig erst nach einigen Tagen oder sogar Wochen vor. „Hier macht die von uns entwickelte Technologie einen Unterschied“, so Leenders, der in Aachen Maschinenbau und Produktionstechnik studiert hat. „Unsere Analyse geschieht auf dem Acker selbst. Die Ergebnisse lassen sich nahezu in Echtzeit verfolgen.“ Zudem sei das neue Verfahren wesentlich kostengünstiger als Laboranalysen, was besonders kleineren landwirtschaftlichen Betrieben zugutekäme. 

Nährstoffangaben und Düngeempfehlungen

Neben Tom Leenders gehören Humberto und Rodrigo Martinez zum Gründungsteam von Nerit’e. Die Brüder stammen aus Mexiko, wo sie bereits an ähnlichen Fragenstellungen geforscht haben. Zusammengekommen ist das Trio durch ein gemeinsames Projekt an der Uni Aachen. Ende 2022 haben sie die Nerit’e GmbH gegründet.

Bei der neuen Methode sendet ein stabförmiger Sensor direkt aus dem Ackerboden Daten zum Nährstoffgehalt an einen Server. Eine Software bereitet die Ergebnisse auf und informiert neben anderem über die Stickstoff- und Kaliumkonzentration sowie über den ph-Wert und die Bodenfeuchte. Hinzu kommen aktuelle Empfehlungen zur Düngung. Für das System hat das Start-up eine Patentanmeldung eingereicht. Die Technologie läuft im Versuchsbetrieb bei deutschen Landwirten. Weitere Pilotanlagen, beispielsweise in den USA und Irland, sind geplant.

Hohe Reputation bei Finanzierungsverhandlungen

Dem Projekt des Nerit’e-Teams wird hohes Potenzial zugesprochen. Zu den bisherigen Preisen und Unterstützungen gehören das Gründungsstipendium.NRW, vergeben vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, sowie das EXIST-Gründungsstipendium des Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Im Sommer 2023 bekam das Start-up ein Darlehen aus Mitteln des Programms NRW.SeedCon. Es war dem Co-Gründer Tom Leenders von Bekannten aus der Gründerszene empfohlen worden. „Die NRW.BANK hat sich bei unserer Bewerbung sehr genau mit unserem Konzept beschäftigt und uns dann mehrmals zu einem Pitch eingeladen“, so Leenders. „Dass wir die Bank überzeugen konnten, gibt uns Selbstvertrauen und stärkt unsere Reputation bei weiteren potenziellen Geldgebern.“ Tatsächlich konnte das Gründerteam kurz nach der Zusage der NRW.BANK einen namhaften Business Angel aus der Schweiz als Investor gewinnen.

Nachhaltige und digitale Transformation

Die verarbeiteten Analysedaten geben Auskunft über die Beschaffenheit des Bodens.
Die verarbeiteten Analysedaten geben Auskunft über die Beschaffenheit des Bodens.

Zielgruppe von NRW.SeedCon sind junge Unternehmen mit innovativen Produkten in einer sehr frühen Entwicklungsphase. „Gute Ideen sind die Grundlage für die nachhaltige und digitale Transformation“, sagt Helene Alt aus dem Bereich Eigenkapitalfinanzierungen der NRW.BANK. „Die von der Nerit’e GmbH entwickelte Technologie hat das Potenzial, durch mehr Ressourceneffizienz einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz zu leisten.“

Die Bezeichnung „Nerit’e“ stammt übrigens aus der Sprache eines indigenen Volkes in Mexiko und heißt soviel wie „Fackel“. „Wir wollen Licht ins Dunkel des Ackerbodens bringen und damit den Bauern und der Umwelt helfen“, erläutert Leenders die Namenswahl. Die Zukunft seines Start-ups sieht er ebenfalls in hellen Farben. Momentan, so der Co-Gründer, liefen zahlreiche Verhandlungen – auch mit international tätigen Unternehmen der Nahrungsmittelbranche, die ihren zuliefernden Agrarbetrieben die Aachener Technologie zur Verfügung stellen könnten. „Wir möchten in den nächsten fünf Jahren weltweit 60.000 Sensoriken im Einsatz haben.“ Damit ließen sich, so Leenders, eine Million Hektar Ackerböden analysieren – eine Fläche, rund viermal so groß wie das Saarland.

Stand:12.10.2023

Zur Webseite: www.nerite.tech

NRW.SeedCon

  • Wandeldarlehen bis 200.000 €
  • Für innovative, wachstumsorientierte Unternehmen der Frühphase bis 3 Jahre nach Unternehmensgründung
  • Finanziert Investitionen und Betriebsmittel zum Aufbau und Wachstum des Unternehmens