Gabriela Pantring, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der NRW.BANK, erklärt im Interview, was die Größe von Rednerpulten mit Gleichstellung zu tun hat, warum wir gerade in der aktuellen Situation gut beraten sind, keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern zu machen und was die NRW.BANK in Sachen Förderung von Frauen tut.

Frau Pantring, als Vorständin einer Bank sind Sie auch heute noch eine von wenigen. Wie hat sich die Situation in den letzten Jahren verändert?
Als ich 2013 erstmals eine Vorstandsposition in einer Bank antrat, waren nur rund sechs Prozent der Vorstandspositionen der 100 größten Banken in Deutschland mit Frauen besetzt. Heute liegen wir bei knapp 17 Prozent. Es hat sich also schon einiges getan, aber wir sollten weiter daran arbeiten, dass wir eine Geschlechterparität in Vorstandspositionen erreichen. Insofern freut es mich umso mehr, dass wir in der NRW.BANK mit gutem Beispiel vorangehen und drei von fünf Personen im Vorstand Frauen sind. Außerhalb des Vorstands arbeiten rund 35% weibliche Führungskräfte für unsere Förderbank – eine Quote, die im Vergleich relativ hoch ist, auch wenn ich hoffe, dass wir in Zukunft noch mehr erreichen.
Wie sieht es insgesamt in der Wirtschaft aus?
Frauen sind in Führungspositionen immer noch unterrepräsentiert. Im deutschen Mittelstand ist nicht einmal jede fünfte Führungskraft eine Frau, obwohl Frauen 47% der Erwerbstätigen ausmachen. Der Frauenanteil bei weiblichen Gründerinnen liegt bei rund 30% – bei Start-ups unter 20%. Hier haben wir uns als NRW.BANK auf die Fahnen geschrieben, gezielte Unterstützung zu bieten – beispielsweise über Netzwerke. Damit wollen wir mehr Frauen motivieren, den Weg in die Selbstständigkeit zu gehen. Denn gerade in der aktuellen wirtschaftlichen Lage brauchen wir mutige Unternehmerinnen und Unternehmer, die den Standort NRW voranbringen und Arbeitsplätze schaffen.
Gab es persönliche Beispiele auf Ihrem Weg, die Ihnen gezeigt haben, dass wir noch nicht bei einer vollständigen Gleichberechtigung angekommen sind?
Ja, natürlich – ich glaube, da hat jede Frau etwas zu erzählen. Meine liebste Anekdote ist, dass es noch vor wenigen Jahren so wenige Frauen in Vorständen von Banken gab, dass in Studien jede einzelne genannt wurde. Ich war also schonmal eine Fußnote in einer DIW-Studie.
Derlei Beispiele gibt es viele. Noch vor zehn Jahren hieß es in den meisten Führungsrunden „Sehr geehrte Frau Pantring, sehr geehrte Herren“ – ich war einfach oft die einzige Frau. Oder Rednerpulte waren in der Regel für große Männer gemacht – da ich nicht die größte bin, hatte ich oft das Gefühl dahinter zu verschwinden.
Wie haben Sie das Problem gelöst?
Im Fall des Rednerpults sehr einfach: Ich habe um ein höhenverstellbares Pult gebeten. Aber die Veränderung im Mindset – die ist nicht gleichermaßen leicht zu bewirken. Ich erlebe häufig, dass Frauen viel zurückhaltender sind als Männer, wenn es darum geht, die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen in den Fokus zu setzen. Dabei ist es ganz entscheidend, sich für sich selbst und die Dinge, die einen bewegen, einzusetzen. Viele Frauen hoffen, dass ihre Leistung von selbst gesehen und honoriert wird, aber das reicht in der Regel nicht. Und ich sehe ganz oft, dass Frauen die Netzwerke fehlen. Der jahrzehntelange Vorsprung der Männer aus Zeiten früherer Geschlechterrollen lässt sich eben nicht ohne weiteres aufholen.
Haben Sie auch dafür ein Erfolgsrezept?
Ich glaube, dass wir mehr weibliche Vorbilder brauchen – und Frauen aktuell noch gezielt fördern müssen. Die Gleichstellungsarbeit darf nicht nur ein Ziel sein, sondern muss aktiv gelebt werden. Bei der NRW.BANK setzen wir genau hier an: durch Mentoring-Programme, flexible Arbeitszeitmodelle und die Förderung von Frauen in verantwortungsvollen Positionen.
Ihr Blick in die Zukunft?
Mein großer Wunsch ist, dass es in Zukunft einfach gar keine Rolle mehr spielt, welches Geschlecht, welche Religion, ethnische Herkunft oder sexuelle Orientierung jemand hat, um sich beruflich weiterzuentwickeln oder eine Führungsposition zu übernehmen. Es darf nur um die fachliche und persönliche Qualifikation gehen. Diverse Teams sind nicht nur ein Spiegel der Gesellschaft, sondern auch widerstandsfähiger. Das ist gerade mit Blick auf die aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen entscheidend: Um diesen zu begegnen, entsprechende Lösungen zu erarbeiten und umzusetzen, brauchen wir die richtigen Menschen auf den passenden Positionen. Wenn wir dabei nur einen Teil aller Menschen berücksichtigen, bleiben wir ganz einfach hinter unseren Möglichkeiten zurück.