Im Jahr 2020 hat die NRW.BANK ihre erste Sozialanleihe emittiert. Was muss man sich unter einem Social Bond vorstellen?
Christian Hardt: Ein Social Bond ist eine Anleihe, deren Erlöse in Projekte mit sozialem Mehrwert fließen. Sie orientieren sich an den Social Bond Principles der „International Capital Market Association“, die branchenspezifische Standards und Empfehlungen bereitstellt. Die entsprechenden Projekte schaffen bezahlbaren Wohnraum, stärken die gesundheitliche Infrastruktur oder unterstützen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen dabei Arbeitsplätze zu schaffen oder diese zu erhalten. Darüber hinaus refinanziert die Anleihe auch Kredite für strukturschwache Kommunen, etwa beim Thema schulische Bildung.
Was hat denn die NRW.BANK mit ihren Social Bonds unterstützt? Können Sie konkrete Beispiele nennen?
Christian Hardt: Grundlage für unsere Social Bonds ist ein jährlich rollierender Asset Pool – also eine Sammlung von Krediten, die gewissen Auswahlkriterien für Vorhaben mit besonderer sozialer Wirkung entsprechen. Der aktuelle Asset Pool hat eine Größe von 12,2 Milliarden Euro und berücksichtigt weit über zehntausend Kredite. Projekte wie der Bau einer energieeffizienten Sporthalle für die Freie Waldorfschule in Lippe-Detmold oder der Neubau eines Seniorenzentrums in Neuss stehen beispielhaft für über Social Bonds refinanzierte Projekte. Gerade letzteres ist in meinen Augen ein tolles Projekt, weil es nicht nur Wohnungen, Dauerpflegeplätze oder „Wohnen mit Service“ anbietet, sondern auch einen Nachbarschaftstreff für das gesamte Quartier integriert – mit Café und Gemeinschaftsraum.
Die NRW.BANK begibt ja bereits seit vielen Jahren Green Bonds. Warum bietet sie auch Social Bonds an und warum sind diese für Anleger interessant?
Christian Hardt: Es geht uns darum, neben der ökologischen auch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit in Nordrhein-Westfalen zu stärken. Das ist Teil unserer Strategie als Förderbank, aber eben auch ein wichtiges Thema für Investoren. Sicherlich ist der Fokus auf positive ökologische Wirkungen aktuell sehr groß, das heißt aber nicht, dass nicht auch die soziale Dimension wichtig ist. Die Social Bonds bieten unseren Investoren die Möglichkeit an Projekten teilzuhaben, die die Lebensgrundlagen und das Wohlergehen der Menschen in unserem Land sichern und fördern. Dies schafft nicht nur die Transparenz über unser Geschäftsmodell und die Wirkung unserer Förderung, sondern steigert auch die Investorendiversifikation.
Wie nachhaltig sind Social Bonds? Kann man eine Wirkung messen?
Christian Hardt: Ja, kann man, allerdings ist dies nicht so einfach wie bei einigen ökologischen Wirkungsindikatoren, allen voran den eingesparten CO2 Emissionen. Eine ähnliche universelle Wirkungsgröße, die jeder kennt und gut vergleichbar ist, gibt es im sozialen Bereich in dieser Form nicht. Hier stehen die gesellschaftlichen Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe im Fokus, die lokal sehr unterschiedlich sein können. So langsam bilden sich auch hier Anhaltspunkte und Methoden heraus, aber gerade die Kontroversen um das Thema „soziale Taxonomie“ haben aufgezeigt, wie schwer es ist, allgemein gültige Wirkungsparameter zu definieren. Unser unabhängiger Partner, das Wuppertal Institut, hat NRW-spezifische Wirkungsmodelle entwickelt als Grundlage, um die positiven Wirkungen der Social Bond Projekte zu ermitteln. Im Rahmen der letzten Wirkungsanalyse über den Zeitraum 2021 bis 2023 wurde beispielsweise geschätzt, dass mit dem Social Bond Asset Pool der Zugang zu 2.700 neuen bezahlbaren Wohneinheiten ermöglicht und 26.000 Arbeitsplätze in NRW geschaffen bzw. erhalten wurden.