Das Medizintechnik-Unternehmen CUREosity hilft mit Virtual Reality (VR) bei der Behandlung von Schlaganfällen und Multipler Sklerose. In der Coronakrise hat die NRW.BANK das Düsseldorfer Start-up unterstützt. Mittlerweile gehört CUREosity zu den Branchenführern. Seine VR-Therapie sieht das junge Unternehmen auch als ein Mittel, dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen zu begegnen.

Frau mit einer Virtual Reality Brille
Mit der Virtual-Reality-Therapie lassen sich auch Feinmotorik und Konzentrationsvermögen trainieren – etwa, wenn es darum geht, mit einem Drachen einer Gewitterwolke auszuweichen.

Virtuelle Realitäten sind vor allem aus Computerspielen bekannt. Das Medizintechnik-Unternehmen CUREosity zeigt mit seiner VR-basierten Therapiemethode, wie digital erzeugte Welten auch im Gesundheitswesen eingesetzt werden können. Zur Zielgruppe gehören Patientinnen und Patienten mit Schädigungen des zentralen Nervensystems etwa nach einer Querschnittslähmung oder einem Schlaganfall. Die Technologie eignet sich ebenso für Menschen mit Erkrankungen wie Parkinson und Multipler Sklerose.

Trainiert werden unter anderem die Feinmotorik, das Reaktionsvermögen und die Konzentrationsfähigkeit. In der virtuellen Welt stehen dazu einige Übungen bereit. Beispielsweise gilt es, kleine Himmelskörper mit den Händen aufzufangen oder einen Drachen so zu steuern, dass er einer Gewitterwolke nicht zu nahe kommt. Eine weitere Aufgabe simuliert Handgriffe des täglichen Lebens. Hier müssen in rascher Folge Schalter umgelegt, Knöpfe gedrückt und Räder gedreht werden.

PC Bildschirm an dem ein Mann mit Kopfhörern sitz und programmiert
Die Software wird ständig weiterentwickelt und findet mittlerweile
in rund 200 therapeutischen Einrichtungen Verwendung.

Hohe Wirksamkeit dank Gamification

Das Unternehmen nennt sein Therapiesystem CUREO. Es besteht im Kern aus der selbst entwickelten Software, die als Medizinprodukt CE-zertifiziert ist. Ausgeliefert wird die Software vorinstalliert auf einem Tablet-PC. Zum Lieferumfang gehören auch eine VR-Brille und zwei Controller. Die Handsteuerelemente werden nicht für alle Übungen benötigt, da CUREO die tatsächlichen Körperbewegungen erkennt und in die virtuelle Aktion überführt. Wo Außenstehende meinen, der Patient greife mit bloßer Hand ins Leere, fängt er in seiner virtuellen Wirklichkeit einen Meteoriten.

„Die Wirksamkeit von VR-Therapien und insbesondere von CUREO wird inzwischen durch viele Studien belegt“, sagt Caesar van Heyningen, CEO und einer der drei Geschäftsführer. In der Schlaganfalltherapie zeigt CUREO in einer Untersuchung aus dem Jahr 2023 sogar bessere Ergebnisse als eine ebenfalls getestete konventionelle Therapie. Allgemein deuten die Erhebungen darauf hin, dass CUREO auch dank der Gamification erfolgreich ist. Der spielerische Ansatz motiviere dazu, häufiger, länger und mit mehr Freude zu trainieren.

Erschwerter Markteintritt während der Coronakrise

Gegründet wurde CUREosity im Jahr 2018, angestoßen durch familiäre Erfahrungen. Bei den Therapiebemühungen für ihre Söhne entdeckten die beiden Gründer und heutigen Geschäftsführer Thomas Saur und Stefan Arand, die damals gemeinsam ein Technik- und Designunternehmen führten, wie sich Computerspiel-Elemente medizinisch nutzen lassen.

Zunächst schien das Start-up auf dem direkten Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu sein. Bei einer Pre-Seed-Runde im November 2019 bekam CUREosity 1,1 Millionen Euro. Es gab einen Prototyp, das Release der Vollversion war in Planung. Doch dann waren die Kliniken und Therapiezentren vollauf mit Corona beschäftigt. „Wegen der Pandemie hatten wir Anlaufschwierigkeiten beim Markteintritt“, erläutert Co-Geschäftsführer van Heyningen. Das junge Start-up fand kaum offene Ohren, um seine neue Therapie bekannt zu machen. 

Mit Ressourceneffizienz gegen den Fachkräftemangel

In dieser Situation unterstützte die NRW.BANK das Unternehmen Ende 2020 mit einem Wandeldarlehen in Höhe von 200.000 Euro aus dem damaligen Programm NRW.Start-up akut. „Die Förderung hat uns dabei geholfen, die Zeit bis zur nächsten Finanzierungsrunde zu überbrücken“, so Caesar van Heyningen. Im Herbst 2021 konnte CUREosity 3,5 Millionen Euro einsammeln, bei der Wachstumsfinanzierungsrunde im Juni 2024 kamen 3,8 Millionen Euro hinzu. Leadinvestor ist der Bestandsgesellschafter TechVision Fonds aus Aachen, ein regionaler SeedFonds, an dem die NRW.BANK als sogenannter Limited Partner beteiligt ist.

Mittlerweile wird CUREO von rund 200 therapeutischen Einrichtungen in 24 Ländern verwendet. Die Gesundheitseinrichtungen nutzen CUREO als Software-as-a-Service gegen eine monatliche Gebühr. Laut van Heyningen hat zumindest in Deutschland kein vergleichbares System eine ähnlich große Verbreitung. Neben dem unmittelbaren Nutzen in der Therapie nennt van Heyningen einen weiteren Vorteil des digitalen Systems: „CUREO kann auch dazu beitragen, dem Fachkräftemangel zu begegnen.“ Die Software ermöglicht es Therapiekräften, mehrere Patientinnen und Patienten gleichzeitig zu betreuen. Darin liege, so van Heyningen, ein großer Effizienzgewinn, um dem wachsenden Personaldruck entgegenzuwirken.

Drei Männer an einem Konferenztisch, die die Geschäftsführer von CUREosity sind
Die Geschäftsführer des Düsseldorfer Medizintechnik-Unternehmens CUREosity (von links): Caesar van Heyningen, Thomas Saur und Stefan Arand.

Digitale Transformation für soziale Nachhaltigkeit

„Die digitale Transformation spielt auch für das Gesundheitswesen eine immer größere Rolle“, betont Patrick Nesseler, Investmentmanager im Bereich Frühphasenfinanzierung der NRW.BANK. „Smarte medizinische Verfahren können die Patientenversorgung nachhaltig verbessern“, so der Förderexperte, der das Düsseldorfer Start-up bei dem Corona-Hilfsdarlehen betreut hat. Nesseler verweist auch auf die steigende Zahl der Therapiebedürftigen infolge des demografischen Wandels. CUREosity gehöre zu den innovativen Start-ups mit zukunftsweisenden Ideen. „Es ist eine zentrale Aufgabe der NRW.BANK, gerade solche Unternehmen im richtigen Moment mit der passenden Beratung und Finanzierung zu unterstützen.“

Das Düsseldorfer Medizintechnik-Unternehmen ist unterdessen weiterhin auf Wachstumskurs. Begleitet wird es dabei von dem Landesprogramm Scale-up.NRW, das CUREosity mit einem zielgerichteten Coaching bei der Expansion in internationale Märkte zur Seite steht. Die Ziele sind ehrgeizig. Caesar van Heyningen. „Wir wollen die Zahl der Therapieeinrichtungen, die unsere Software nutzen, in den nächsten fünf Jahren von jetzt 200 auf 10.000 steigern.“

Stand: 13.08.2024

Zur Website: www.cureosity.com